Verantwortung als PIC


Was war passiert?

Im Juli 2016 flog ich mit einem Passagier in einer DA40 TDI von Eisenach (EDGE) nach Allendorf (EDFQ). Da dies meine erste Landung in Allendorf war, wählte ich einen langen Endteil, um die Anfluggeschwindigkeit exakt halten zu können. Der Beginn der Landung, genauer gesagt das Aufsetzen, war völlig in Ordnung. Allerdings zog die Maschine wenige Sekunden nach dem Aufsetzten leicht nach links. Dies versuchte ich zunächst mit dem Seitenruder zu korrigieren. Die Maschine zog aber immer weiter und heftiger nach links, sodass ich instinktiv die rechte Bremse betätigte um die Maschine auf der Piste zu halten. Trotz des Bremsens rollte die Maschine weiter nach links und nach weiteren Sekunden wurde das Rollen sehr unruhig. Zum Glück kam die Maschine wenige Zentimeter vor dem Beginn der Grasfläche zum Stehen.

Meine erste Vermutung war, dass etwas mit der linken Bremse nicht in Ordnung war und diese evtl. ungewollt blockierte. Die Maschine ließ sich nicht mehr bewegen. Wie sich später bzw. am nächsten Tag herausstellte, lag die Ursache an anderer Stelle.

Fehlersuche

Der Turm in Allendorf funkte mich an mit der Anweisung den Motor abzustellen da Hilfe auf dem Weg sei. Nach dem Aussteigen zeigte sich, dass der linke Reifen bzw. der Schlauch platt war. Aber warum war dieser platt? Ich hatte vor Abflug gelesen, dass wenige Tage zuvor beide Schläuche und Mäntel des Hauptfahrwerks gewechselt wurden. Es blieb aber keine Zeit weiter nachzudenken, da zunächst die Maschine von der Piste entfernt werden musste. Es war nämlich Flugplatzfest in Allendorf an diesem Wochenende und das straffe Programm musste fortgesetzt werden. Gegen Abend wurde die Piste für die Besucher zur Begehung und für Inlineskates freigegeben. So konnte ich mir die Spuren der Reifen auf dem Asphalt anschauen, siehe Foto.

Beim ersten Versuch das Flugzeug von der Piste zu entfernen, wurde vom Personal des Verkehrslandeplatzes das verwendete Werkzeug entweder falsch bedient oder es wurde ein ungeeignetes Werkzeug verwendet. Dabei wurde der linke Radschuh bestehend aus GfK beschädigt. Die Maschine konnte dann aber im zweiten Versuch in den Hanger geschoben werden.




Nachdem ich das Geschehene etwas verarbeitet hatte, rief ich Paolo als Halter an, um ihm die Situation zu schildern und um das weitere Vorgehen abzustimmen. Paolo wunderte sich, dass es innerhalb einer Woche mehrere platte Reifen an der Maschine gab und bat mich dem Fehler auf den Grund zu gehen. Zum Glück befand sich eine Werft am Flugplatz in Allendorf. Nach mehreren Telefonaten mit der Werft und Paolo stellte sich aber heraus, dass der Reifen erst am nächsten Tag repariert werden konnte. Glücklicherweise konnte kurzfristig eine Unterkunft in der Nähe für die ungeplante Übernachtung gefunden werden.

Allerdings beschäftigte mich den restlichen Abend und die Nacht ständig die Frage, warum der Reifen geplatzt war. War es ein Pilotenfehler? Da man den Mantel unter dem Radschuh nicht sehen konnte, war unklar, ob es sich um einen Bremsplatten handelte. Aber kann das bei einem neuen Mantel passieren? Welche anderen Erklärungen gab es noch dafür? Dies war eine sehr unangenehme und nervenraubende Zeit bis zum nächsten Morgen.

Eine Verkettung von Ursachen

Der Mechaniker in Allendorf hatte nach meiner Schilderung sofort eine Ahnung, was hier die Ursache sein könnte. Nach dem Wechsel des Schlauchs stand die Ursache endlich fest. Die Werft, die wenige Tage zuvor die Schläuche gewechselt hatte, hatte den Schlauch beim Einbau auf der linken Felge eingeklemmt. Durch die Belastungen bei Starts und Landungen entstanden Löcher, siehe Foto weiter unten. Der Schlauch könnte somit schon vor der Landung weniger Luft als üblich gehabt haben. Zum Glück ist bei der Landung nicht mehr passiert.



In mehreren Telefonaten mit Paolo stelle sich dann schrittweise heraus, warum die beiden Reifen des Hauptfahrwerks ein paar Tage vor meinem Flug überhaupt gewechselt werden mussten. Eine frühere Besatzung, bestehend aus zwei Piloten, meldete zunächst einen platten linken Reifen bei einer Flugreise in Schweden. Die Piloten stellen es zunächst als normalen Verschleiß dar. Nach Rücksprache mit dem in Schweden ansässigen Mechaniker entschied sich Paolo beide Reifen wechseln zu lassen, da auch der rechte Reifen deutliche Spuren aufwies und der Mechaniker dies unbedingt empfahl. Dies war schon sehr merkwürdig, da die Haus-Werft von Paolo normalerweise die Reifen frühzeitig wechselt, bevor sie platt gehen können. Paolo übernahm die Kosten von über 1.000 EUR für die Reparatur in Schweden.

Nachdem der linke Reifen ein zweites Mal bei meiner Landung geplatzt war, nahm Paolo erneut Kontakt mit der Werft in Schweden auf. Dabei stellte sich heraus, dass einer der beiden Piloten eine Vollbremsung in Schweden gemacht hatte, was zur Beschädigung der beiden Reifen geführt hatte.

Über die Gefahren einer Vollbremsung wird auf Paolos Internetseite hingewiesen:

  • FAQ DA40 (Kann ich nach der Landung vollbremsen?)
Obwohl die Piste in Schweden über 2 km lang war, wollte der Pilot ausprobieren, nach welcher minimalen Rollstrecke das Flugzeug zum Stehen kommen kann. Der PIC (Pilot In Command) plante wohl am nächsten Tag auf einer Piste mit 600 Metern Länge zu landen, obwohl das Landen auf Pisten unter 800 Metern im Chartervertrag ausgeschlossen ist. Dieses Vorgehen ist nicht nur unverantwortlich sondern auch falsch. Nicht die Ausrollstrecke ist bei einer kurzen Piste kritische, sondern die verfügbare Startrollstrecke bzw. die Startrollstrecke über ein Hindernis von 15 m. Es gab somit überhaupt keinen Anlass für eine Vollbremsung. Dies kann somit als Leichtsinnigkeit des PICs betrachtet werden. Der PIC trägt die Verantwortung für das Flugzeug und somit auch für den Schaden. Viel schlimmer und unprofessionell ist, dass die tatsächliche Ursache nur durch Zufall aufgedeckt wurde denn diese „Testlandung“ wurde zunächst vor Paolo verschwiegen. Der PIC wollte wohl die Kosten für die Reparatur nicht übernehmen.


800 Euro Schaden ohne einen Fehler gemacht zu haben! Wie geht das?

Nachdem die Ursache für den platten Reifen geklärt war, musste der Schaden am linken Radschuh behoben werden. Als PIC nahm Paolo mich dafür in Haftung. Der Kostenvoranschlag für die Reparatur über knapp 800 Euro schockierte mich. Ich hatte keinen Fehler gemacht und saß auf knapp 800 Euro Schaden!? Das war schwer nachvollziehbar.

Zum Glück übernahm der Verkehrslandeplatz in Allendorf bzw. dessen Versicherung nach einem Fax und Telefonat den Schaden am Radschuh. (Vielen Dank nach Allendorf!)

Allerdings blieb ich auf den Übernachtungskosten für das Hotel sitzen. Zudem kamen jede Menge Telefonate und Abstimmungen hinzu, die mich und Paolo unnötig Zeit kosteten. Die weiteren Flüge, die ich für das Wochenende geplant hatte, konnten auch nicht stattfinden. Das Wochenende wurde durch den Vorfall ruiniert. Ohne die unnötige Vollbremsung wäre es gar nicht soweit gekommen.

Was sollte man daraus lernen?

A) Alle Piloten sollten verantwortungsvoll und sorgfältig mit dem gecharterten Flugzeug umgehen und keine unnötigen oder sogar sinnlosen Experimente machen! Ein regelmäßiger Blick ins Flughandbuch kann dabei nicht schaden. Dieses Negativbeispiel zeigt, in welche unangenehme Lage man andere Piloten bringen kann. Es gehört sich auch die Maschine so sauber abstellen, wie man sie selber vorfinden möchte.

B) Bevor man als PIC jemanden an das Flugzeug lässt, sollte man sich vorher unbedingt versichern, dass derjenige weiß, was er macht (auch wenn er nur helfen will)! Als PIC ist man verantwortlich für das Flugzeug und haftet für einen Schaden.

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